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Ist der Brexit eine Gefahr für Assetmanager?

Presse

Banken könnten wieder ein attraktiver Arbeitgeber werden

Brexit Bild

von Dr. Karin Schambach

Der Brexit zwingt viele Finanzdienstleister dazu, ein Büro in Europa zu eröffnen oder zu erweitern. Dafür müssen in den meisten Fällen auch neue Fachleute eingestellt werden. Auch wenn Assetmanager hier bereits gut aufgestellt sind, dürfte sich der wachsende Druck auf dem Arbeitsmarkt für Finanzprofis auch auf sie auswirken. Zwei Bereiche stehen besonders im Fokus.

Nach jüngsten Schätzungen könnte die Finanzbranche bis zu 10 000 Jobs allein nach Frankfurt verlagern, um den Zugang zum Binnenmarkt zu erhalten. Internationale Assetmanager sind meist bereits in Dublin oder Luxemburg vertreten und können die Entwicklungen rund um den Brexit vorerst gelassen beobachten. Lediglich einzelne Anbieter mit bisherigem Sitz in London bauen im Zuge des Brexit neue Kapazitäten in der EU auf. Andere holen Funktionen von London nach Frankfurt, etwa international tätige Sales-Positionen wie Client Coverage EMEA.

Größere Bewegungen auf dem Arbeitsmarkt sind dadurch nicht zu erwarten, zumal es derzeit keinen Anlass gibt, das Portfoliomanagement aus London zu verlagern. Im Distributionsmarkt Deutschland werden hingegen gute Vertriebsleute weiterhin gesucht sein. Hier stehen die Assetmanager durchaus im Wettbewerb mit anderen Bereichen der Finanzwirtschaft – haben aber gute Karten, weil viele Kandidaten das langfristiger orientierte Assetmanagement dem kurzlebigen Banking vorziehen.

Anders könnte es zukünftig in den Bereichen Compliance und Risk Management aussehen, da diese Spezialisten auch von Banken gesucht werden, die in Frankfurt ihre Teams erweitern oder ganz neu aufbauen werden. Hier sind Assetmanager verwundbar. Vor allem Compliance-Fachleute werden aufgrund der hohen und weiter steigenden Regulierungsanforderungen nach wie vor stark gesucht. Insbesondere auf den Führungsebenen dürfte der Wettbewerb um die vergleichsweise wenigen Experten daher weiter zunehmen.

Im Risikomanagement ist die Aufbauphase zwar inzwischen vorbei, und die Teams der Fondsgesellschaften verfügen über die nötigen Ressourcen. Doch mit dem Zuzug von Banken könnten auch diese Experten die Seiten wechseln. Die Assetmanager müssen sich darauf einstellen, dass ihre Mitarbeiter zukünftig von Banken abgeworben werden könnten, die für ihren neuen Standort in der EU viel investieren (müssen). Erstmals seit der Finanzkrise könnten Banken somit wieder ein attraktiverer Arbeitgeber werden als das Assetmanagement.

Aus Unternehmenssicht geht es daher darum, Mitarbeiter zu binden. In vielen Fällen dürfte dies über Perspektiven zur Weiterentwicklung sowie den Preis – als direktem Ausdruck der Wertschätzung – erfolgen.

Des einen Freud, des anderen Leid: Arbeitnehmer können sich über steigende Chancen auf dem Jobmarkt freuen, umso mehr, je besser sie qualifiziert sind. Dazu müssen sie sich allerdings für die Brexit-Nachfrage fit machen. Da kann zum einen die fachliche Weiterbildung, etwa hin zum Financial Risk Manager (FRM), sinnvoll sein. Zum anderen sollten Bewerber für die eigene Visibilität sorgen, etwa über die Ansprache von Multiplikatoren oder durch Präsenz in den sozialen Netzwerken.

Zudem ist damit zu rechnen, dass das hiesige Arbeitsumfeld durch den Brexit und den Zuzug internationaler und nicht zuletzt auch britischer Finanzexperten nach Frankfurt noch angelsächsischer werden wird. Wer also bisher bei rein deutschen Fondsgesellschaften oder Versicherungen gearbeitet hat und einen Wechsel ins Auge fasst, der könnte in einem ersten Schritt seine Englischkenntnisse auffrischen.

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