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Neue Mitarbeiter suchen Sicherheit

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Fondsgesellschaften müssen Bewerbern für den Wechsel mehr bieten als vor Corona: Bonusgarantie oder Kündigungsverzicht gefragt

Nach einer kurzen Unterbrechung durch die Coronapandemie läuft die Personalsuche im Fondsgeschäft wieder mit reichlich Schwung wie Karin Schambach im Interview mit der Börsen-Zeitung berichtet. Starke Kandidaten haben jedoch ihren Preis.

Fondsgesellschaften müssen sich angesichts der Coronakrise weit aus dem Fenster lehnen, wenn sie Bewerber für offene Stellen suchen. Wie Karin Schambach, Gründerin und Geschäftsführerin des Personalvermittlers Indigo Headhunters, ausführt, wollen Wechselwillige derzeit eine Garantie für einen Bonus, möglichst einen Verzicht auf eine Probezeit oder den Ausschluss einer Kündigung für ein Jahr. „Assetmanager müssen dies entweder erfüllen, oder die Besetzung der offenen Stelle scheitert daran – es ist derzeit also eher schwer, Abschlüsse zu machen.“
Nach einer kurzen Unterbrechung bei der Personalsuche infolge der pandemiebedingten heftigen Kursturbulenzen an den Kapitalmärkten, die im März das Geschäft der Fondsbranche hatten einbrechen lassen, läuft nach der Sommerpause für die
Headhunter das Geschäft derzeit wieder gut. „Ich denke, zum Jahresende werden es bei mir im Assetmanagement etwa 10 bis 20% weniger Vermittlungen als 2019 sein“, so die 56-Jährige. Insbesondere die großen Anbieter hatten vorübergehend wegen Corona stark auf der Bremse gestanden und einen Hiring Freeze ausgerufen. Von der DWS und Allianz Global Investors sind sogar Personalabbauprogramme bekannt ge­worden.
„Im Frühjahr machte sich bei dem ein oder anderen eine Krisenstimmung breit, zumal schon seit geraumer Zeit nach der langen Wachstumsphase im Assetmanagement ein Umschwung erwartet worden war“, so Schambach, die schon länger als 20 Jahre Führungskräfte vermittelt. Im Gegensatz zu den großen Häusern ließen sich die kleinen und mittelgroßen Assetmanager durch Corona bei ihrer Personalsuche nicht beeinflussen.
Die durch die großen deutschen und auch US-Häuser verursachte kurze Delle in der Personalvermittlung hatte im Frühsommer vorübergehend zur Folge, dass für eine kurze Zeit Arbeitsverträge mit reduziertem Bonusversprechen zustande kamen. Doch seit September, so berichtet Schambach, läuft das Vermittlungsgeschäft wieder rund und muss dem bereits erwähnten Sicherheitsbestreben der potenziellen Kandidaten Rechnung tragen. „Die Bewerber zeigen in ihren Präferenzen ganz deutlich, welche Anbieter sie für die Zukunft gut aufgestellt sehen“, berichtet Schambach, die über das Assetmanagement und Wealth Management hinaus die Schwerpunkte Public and Financial Services und Board Consulting hat.
Die höchste Nachfrage beim Personal bestehe weiterhin im institutionellen Vertrieb, führt die verheiratete Mutter von zwei erwachsenen Töchtern aus. Dies liege allein schon daran, dass es viele Fondsanbieter in diesem Bereich gebe. Die Nachfrage nach neuen Sales-Leuten sei ungebrochen hoch, mit steigender Tendenz bei alternativen Anlagen. Dies ist Folge der Tatsache, dass die institutionellen Anleger im Niedrigzinsumfeld sich immer mehr für diese Investments interessieren, um irgendwo noch erquickliche Renditen zu bekommen. Im Wholesale-Vertrieb, also etwa für die Vermögensverwaltung von Banken, gehe die Tendenz von den großen Instituten, die sich stark in der Konsolidierung befinden, eher hin zu regionalen Adressen im Wealth Management, also kleineren Privatbanken, Sparkassen und Volksbanken. Grundsätzlich sei hier die Nachfrage der Fondsgesellschaften nach neuem Personal eher verhalten. „Im Wholesale-Segment geht die Tendenz derzeit eher zu jüngeren Leuten bei den Einstellungen, um die Personalkosten zu senken und damit die Margen nach oben zu treiben.“ Zuvor habe man lange Jahre beobachten können, wie der Altersdurchschnitt im Wholesale-Vertrieb immer weiter nach oben ging. Die Altersgruppe der 30- bis 40-Jährigen sei daher eher schwach vertreten, zumal nach 2008 keine jungen Leute ausgebildet worden seien. Die nun neue Tendenz zur Verjüngung sei insbesondere bei den angelsächsischen Häusern erkennbar.
Im Fondsmanagement bewege sich in diesem Jahr eher wenig, erzählt Schambach. „Dieses Jahr ist es hier wirklich mager.“ Am ehesten würden noch Portfoliomanager im fundamentalen Aktiensegment gesucht und für Spezialgebiete wie IT, Technologie oder Gesundheit. Mit Blick auf die Gehälter ist im Fondsmanagement die Spanne viel größer, als Durchschnittswerte vermitteln können (siehe Tabelle). Bis zu 1 Mill. Euro bekommen die StarFondsmanager in manchen Häusern, während auf Senior Level eigentlich nur Gehälter um die 150000 Euro üblich sind (siehe Tabelle).

Die Spreizung hat auch etwas mit der Adresse zu tun, wird von Fondsmanagern berichtet. So gilt etwa Allianz Global Investors von den großen deutschen Anbietern als am großzügigsten. Am zweitbesten soll die DWS bezahlen, gefolgt von Union Investment und schließlich der DekaBank. Die Vermittlung von Fondsmanagern läuft indes eher seltener über Headhunter, da der Markt untereinander gut vernetzt ist. Zudem gibt es deutlich mehr Fondsmanager als Vertriebsspezialisten im Fondsgeschäft. Lediglich im alternativen Segment sind Headhunter gefragt, da es hier eher wenige Spezialisten gibt,
führt Schambach aus. Mitunter gibt es auch Vermittlungstätigkeit bei Mischfonds, Unternehmensanleihen oder Private Debt.
Ein komplett neuer Punkt bei den Verhandlungen über Neueinstellungen ist die Frage geworden, inwieweit mobiles Arbeiten möglich ist. „Bei den Wechselgesprächen wird die Möglichkeit, daheim oder woanders statt am Firmenstandort zu arbeiten, aktiv von den Bewerbern eingefordert“, so Schambach. Sie persönlich fände es gut, wenn auch nach Corona mehr Flexibilität bei der
Frage bestehen bleibe, wo die Menschen arbeiten. „So müssen nicht alle, die im Fondsgeschäft tätig sind, in Frankfurt oder München beziehungsweise in der Umgebung der beiden Städte wohnen, das wäre eine positive Veränderung.“ Jeder könne dann individuell nach seiner Lebenssituation und seiner persönlichen Vorliebe für das Arbeitsumfeld entscheiden, wie viel man vor Ort arbeitet und wie viel daheim.

Der Beitrag von Silke Stoltenberg erschien am 20. November 2020

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