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Banker kassieren weniger Boni

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Deutschlands Banker verdienen weniger. Der Grund: Niedrigere Boni für das Jahr 2010 können auch durch ein gestiegenes Festgehalt nicht ausgeglichen werden. Vor allem Investmentbanken trifft es hart – und auch Josef Ackermann kommt nicht ungeschoren davon.
FRANKFURT. Zwar bleibt der Chef der Deutschen Bank das Maß aller Dinge unter den Spitzenverdienern in den deutschen Konzernen. Allerdings muss der Schweizer für das Geschäftsjahr 2010 mit einem Rückgang seiner Gesamtvergütung um mindestens fünf Prozent rechnen. Das ergibt eine Umfrage des Handelsblatts unter Instituten und Personalberatern zur Bezahlung der Bankenbranche und der Topmanager vor der jetzt startenden Bonisaison. Auch wenn Ackermann sein Jahreseinkommen von 9,5 Millionen Euro für 2009 nicht mehr erreichen kann, zählt er weiterhin zu den bestbezahlten Vorständen Deutschlands.
Doch nicht nur für Ackermann, sondern für viele Banker sind die Wochen im Januar die spannendsten des Jahres. Bevor für den Einzelnen Klarheit herrscht, machen die Institute Erwartungsmanagement, wie Tim Zühlke von Indigo Headhunters festgestellt hat: „Die Banken versuchen oftmals, die Erwartungen der Mitarbeiter klein zu halten, um bei der Bekanntgabe positiv zu überraschen.“ Trotzdem, es gibt weniger zu verdienen. Das Minus von fünf bis zehn Prozent in der Gesamtvergütung wird insbesondere vom Rückgang bei den variablen Gehaltsbestandteilen geprägt, den Boni. Hier haben gerade Investmentbanker zu leiden, die in Instituten mit amerikanischen Mutterkonzernen arbeiten. Sie müssen sich auf einen Rückgang um bis zu 30 Prozent einstellen. Das schmerzt. Denn bei Topmitarbeitern machen Boni nach Einschätzung des Personalspezialisten von Korn/Ferry durchaus 80 bis 90 Prozent der Gesamtbezahlung aus. Daran haben auch die Gehaltsreformen bei Banken weltweit nichts geändert.

Künftig müssen Boni mit mehrjähriger Verzögerung ausbezahlt werden. Hochrangige Manager dürfen nur 20 Prozent des Bonus sofort in bar kassieren. Maximal ein weiteres Fünftel erhalten die Topleute in Europa nach einer Studie von JP Morgan frühestens innerhalb von sechs Monaten bis zwei Jahren. Der Rest wird etwa in Aktien bezahlt und drei bis fünf Jahre gestreckt. Dann erst ist im besten Fall die volle Summe ausbezahlt. Bei deutschen Banken mit Staatsbeteiligung wie die Commerzbank sind die Gehälter ohnehin auf maximal 500 000 Euro begrenzt.

Doch die Gehälter der Banker den Vorschriften anzupassen fällt schwer. Die Banken müssen ihre Mitarbeiter dazu bringen, ihre Arbeitsverträge zu ändern, ohne sie zu vergraulen. Dazu dienen höhere Fixgehälter. „Das Festgehalt in der Bankenbranche liegt inzwischen im Durchschnitt rund 20 bis 30 Prozent höher“, sagt Nils Wilm, Managing Partner bei Personalberater Banking Consult. Das bedeutet gleichzeitig, dass die Kreditinstitute in der nächsten Krise auf einem höheren Fixkostenblock sitzen.

Die höheren Festgehälter werden oftmals den Rückgang der Boni nicht ausgleichen können. Denn das Geschäft lief 2010 schlecht im Vergleich zum Vorjahr. Schon vor der Veröffentlichung der vorläufigen Zahlen der Banken zum Gesamtjahr steht für Deutschland-Chefs ausländischer Banken fest, dass die Gewinne gefallen sind, die Vergütungsregeln erschwert wurden und gleichzeitig die Mitarbeiterzahl in den vergangenen zwölf Monaten gestiegen ist, wie sie dem Handelsblatt sagten.
Gerade Investmentbanken trifft es hart. Im vergangenen Jahr kam es hier zu einem Einbruch bei den Provisionen, die für Fusionen und Übernahmen (M&A), Aktien- und Anleiheemissionen sowie syndizierte Kredite bezahlt werden. Mit 2,1 Milliarden Dollar lagen die Gebühreneinnahmen in Deutschland auf dem Niveau des Jahres 2002, wie der Finanzdatendienstleister Thomson Reuters errechnet hat. Damit hatten selbst Pessimisten nicht gerechnet. Insbesondere bei Anleiheemissionen schmerzte der Einbruch nach dem Rekordjahr 2009. Auch im Aktienhandel sei das vergangene Jahr schwierig gewesen, urteilt Zühlke. Aus dem Eigenhandel verabschieden sich die Institute zunehmend. Dazu fiel der Rückgang bei M&A auch noch heftig aus.

Doch im neuen Jahr soll alles deutlich besser werden. Deshalb neigen die Banken zu ersten Übertreibungen, da es im Spiel um Marktanteile und die besten Köpfe hart auf hart zugeht. Sonst droht die Gefahr, im Rennen um die besten Plätze abzurutschen. Schon in der jetzigen Gehaltsrunde wären Institute nach Ansicht von Wilm schlecht beraten, im Bereich Aktienderivate die Boni zu kürzen. Im Gegenteil: Angesichts der Renaissance im Bereich Zertifikate rechnet er bereits für 2010 mit einem Bonuswachstum von zehn bis 15 Prozent. Im klassischen Firmenkundengeschäft wollen angelsächsische Adressen wie Standard Chartered nach der Krise klotzen. Andere Marktteilnehmer wie die Royal Bank of Scotland melden sich nach der Krise mit neuer Kraft zurück. Wechselwillige mit acht Jahren Berufserfahrung und im Rang eines Directors können nach dem Eindruck der Berater hier bis zu 300 000 Euro kassieren. Feste Gehaltsgarantien von einem Jahr und etwas länger seien durchaus üblich, berichten Insider.

Besonders hart ist der Wettbewerb allerdings im Investment-Banking bei jungen, aufstrebenden Bankern – und da gerade im Bereich Fusionen und Übernahmen. „Alle großen Häuser und auch Bankboutiquen versorgen sich derzeit mit Associates, also mit Mitarbeitern, die eine drei- bis fünfjährige Berufserfahrung mitbringen“, sagt Wilm. Auch hier nehmen die Institute mit steigenden Boni bereits ein hervorragendes Geschäftsjahr 2011 vorweg. Insider berichten von Gehältern, die sich oft aus einem Festgehalt von 90 000 Euro und noch einmal dem gleichen Betrag als Bonus zusammensetzen. Das verdienen dann Banker, die nicht selten erst Anfang 30 sind. Trotz der zurückkehrenden Übertreibungen: „Eine Bezahlung der Banker auf dem Niveau vor der Krise werden wir nicht mehr erleben, mehrjährige Gehaltsgarantien wird es in der Breite auch so schnell nicht mehr geben“, zeigt sich Berater Zühlke überzeugt.

Optimismus

Jobsicherheit In Deutschland machen sich 75 Prozent der Finanzexperten keine Sorgen um die eigene Jobsicherheit. Das ergab eine Umfrage des Online-Karrierenetzwerkes eFinancialCareers. Allerdings glaubt mehr als die Hälfte der Befragten, dass sie ihre Vergütung im Jahr 2011 nicht steigern kann. Ein Viertel will deshalb bessere Konditionen für sich aushandeln.
Einstellungen Zu den erwarteten Einstellungen gaben 38 Prozent der befragten Finanzexperten an, dass ihr Unternehmen im laufenden Jahr mehr Leute engagieren werde. Ein Drittel rechnet mit einem unveränderten Stand. Immerhin 30 Prozent gehen von Personalkürzungen aus.

 

Link zum Artikel im Handelsblatt

Von Robert Landgraf

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