Jobmarkt für Investmentbanker boomt wieder
Jahr drei nach Ausbruch der Finanzkrise: Die vor kurzem noch gescholtenen Investmentbanken fahren wieder satte Gewinne ein – und bauen massiv Personal auf. In Deutschland erinnert die Nachfrage nach Top-Talenten an alte Boomzeiten. Das ist gut für den Geldbeutel der Banker.
FRANKFURT. Die Krise war heftig, aber nur von kurzer Dauer. Fuhren die Handelsabteilungen 2008 Milliardenverluste ein, hat sich das Bild bereits im vergangenen Jahr wieder gewandelt. Mittlerweile bescheren die bis vor kurzem noch heftig gescholtenen Investmentbanker den Banken schon wieder satte Gewinne. Kaum verwunderlich also, dass im Jahr drei nach Ausbruch der Finanzkrise die Nachfrage nach Topbankern hierzulande schon wieder an alte Boomzeiten erinnert.
„Das Personal-Karussell dreht sich“, sagt Matthias Scheiff, Partner beim Headhunter Spencer Stuart und verantwortlich für den Bereich Finanzdienstleister in Deutschland. Praktisch jede Investmentbank habe während der Krise 20 Prozent oder noch mehr ihres Personals abgebaut. „Jetzt sucht man wieder nach Bankern, um die entstandenen Lücken zu füllen.“
Matthias Saenger von der gleichnamigen Personalberatung bestätigt das. Im vergangenen Jahr hätten Banken häufig nur selektiv und Spitzenpositionen neu besetzt, doch inzwischen rekrutierten sie auf allen Ebenen im Investment-Banking neues Personal. „Gerade bei den Auslandsbanken bewegt sich derzeit viel“, sagt Saenger.
Täglich ein paar offizielle Wechsel aus der Branche
Beispiel Nomura: Die japanische Investmentbank, die große Teile von Lehman Brothers geschluckt hat, will hierzulande kräftig weiter wachsen. Man habe in den vergangenen Wochen mehr als zehn Banker in Deutschland für sich gewonnen, sagt Nikolai Ahrens, Co-Chef für die Aktivitäten in Deutschland und Österreich. Zugleich berichten Insider, dass in vielen Fällen ehemalige Mitarbeiter von Sal. Oppenheim bereits wieder einen Job gefunden hätten. Angeblich mehr als 100 Banker der einstigen Top-Adresse blieben bei der Filetierung des Investment-Bankings auf der Strecke. Hinzu kommen Dutzende offiziell verkündete Personalwechsel in den vergangenen Wochen, die den Trend bestätigen.
Die Suche nach Talenten steht mittlerweile bei fast jedem Haus wieder ganz oben auf der Agenda – egal ob bis vor kurzem noch angeschlagen oder nicht. Häuser wie die mehrheitlich verstaatlichte Royal Bank of Scotland (RBS) oder Citigroup – so wird kolportiert – sollen in Deutschland schon wieder annähernd die Mannstärke aus Zeiten vor der Krise erreicht haben. „Gerade jene Investmentbanken, die in der Krise massiv getroffen wurden, stehen jetzt unter Zugzwang zu rekrutieren“, sagt Tim Zühlke, Geschäftsführer bei Indigo Headhunters in Frankfurt. „In dieser Frage entscheidet sich letztlich ihre Zukunft.“ Selbst einzelne Landesbanken, wie die mit Milliardengarantien von den Eignern gestützte WestLB sollen wieder rekrutieren.
Dass genau die Häuser einstellen, die die Krise relativ gut überstanden haben, liegt ohnehin auf der Hand. In Branchenkreisen werden hier Namen wie Barclays oder eben Nomura, aber auch die Deutsche Bank und Goldman Sachs genannt. Gesucht werden nach Worten von Personalberater Scheiff vor allem Experten für das Geschäft mit Übernahmen und Fusionen (M&A) sowie für das Geschäft mit Aktien und Aktienderivaten. Die Nachfrage nach Fixed-Income-Bankern sei hingegen eher „stabil“. Fixed Income ist der Bereich, der sich mit Wertpapieren mit festen Zinszahlungen befasst, also etwa Anleihen.
er wechselt, dem winkt meist ein kräftiger Gehaltsaufschlag. „Als Faustformel gilt, ein aktiver Banker kann bei einem Wechsel seine Vergütung um 20 Prozent aufbessern“, sagt ein Branchenkenner. Dabei sei die Spanne aber groß: Gerade schwache Häuser müssten mitunter noch eine deutlich höhere „Risikoprämie“ bieten, um Kandidaten am Ende zur Unterschrift zu bewegen. Umgekehrt gelingt es offenbar fast nur den erfolgreichen Häusern, sich gegen die Preistreiberei zu stemmen: Nur hier hat der Markenname so viel Gewicht, dass der finanzielle Aspekt des Wechsels in den Hintergrund tritt.
Bei den Gehältern der Investmentbanker hat sich die Krise ohnehin bereits vielfach verflüchtigt. Denn auf Druck von Regulierern, Öffentlichkeit und Politik wurden in den vergangenen Monaten die Fixgehälter branchenweit angehoben – um kurzfristiges Denken zu verhindern. Hinzu kommt der Bonus, der angesichts des seit Mitte 2009 starken Kapitalmarktumfelds wieder steigt.
Gehälter vielfach schon wieder so hoch wie vor der Krise
„Die Wahrscheinlichkeit ist groß, dass in den nächsten Quartalen mit boomenden Gewinnen die Gesamtvergütung in einigen marktgetriebenen Bereichen noch höher wird“, sagt Headhunter Saenger. Sein Kollege Scheiff berichtet, dass schon jetzt in Summe vielfach wieder die hohen Vergütungsniveaus der Jahre 2006 und 2007 erreicht werden. Immerhin, einen Unterschied gibt es: Mehr als in der Vergangenheit werden Boni in Aktien und gestückelt über Jahre ausgezahlt.
Wer wildert wo? Aktuelle Beispiele
Die Royal Bank of Scotland hat sich Christian Ossig von der Bank of America geholt. Er wird „Head of Financial Institutions and Public Sector“ für Deutschland und Österreich.
Bank of America Merrill Lynch hat Christian Meissner bei Nomura eingekauft. Er wird „Head of EMEA Investment Banking“.
Credit Suisse kauft für ihr Geschäft mit Renten drei Neuzugänge ein. Darunter Markus von Wallenberg Pachaly, der von der Commerzbank kommt und als „Managing Director“ unter anderem den Bereich Fixed Income Sales Österreich leitet.
Die Commerzbank wirbt Nikolaus Giesbert beim Konkurrenten Morgan Stanley ab. Er trägt künftig den Titel „Head of Fixed Income & Currency Sales“.
Société Générale verstärkt mit drei Neuzugängen ihr M&A-Geschäft. Darunter ist Marcus Schroeder von Merrill Lynch, der als „Managing Director“ die Verantwortung für das europäische Automobilsektor-Team übernimmt.
BNP Paribas kauft Werner Brockmeier von der Deutschen Bank ein. Er verstärkt als „Senior Banker“ das Corporate- und Investment-Banking des Instituts.
Rothschild baut sein Geschäft aus und wildert dafür unter anderem bei der UBS. Bartosz Kurkowski verantwortet als „Managing Director“ das Geschäft mit Industriekunden in Deutschland.
Hauck & Aufhäuser holt Jens Willenbockel für das M&A-Geschäft. Der frühere Sal.-Oppenheim-Banker wird Leiter der „General Industrials Group“.
Lincoln International wirbt Burkhard Weber bei Close Brothers ab. Er ist als „Managing Director“ künftig für die M&A-Beratung unter anderem in den Bereichen Investitionsgüterindustrie zuständig.
Link zum Artikel im Handelsblatt
Von Robert Landgraf und Hans G. Nagl