Recruiter-Interview:„Wir sind ein Fixed Income-Land“
Tim Zühlke und Andreas Pudelko sind bei dem Executive Search-Unternehmen Indigo Headhunters für das Kapitalmarktgeschäft verantwortlich. Im Interview mit eFinancialCareers verraten Zühlke und Pudelko die Entwicklungen auf dem Arbeitsmarkt für Investmentbanker in Deutschland.
eFC: Welches war der vorherrschende Trend im vergangenen Jahr?
Zühlke: In Fixed Income und in Bondprodukten war im letzten Jahr viel Geld zu verdienen. Und daher haben die Banken in diesem Bereich wieder stark rekrutiert. Aber auch in Equities: Nicht so sehr bedingt durch einen stabilen Markt, sondern durch neue Player. Somit ist auch dieser Teil des Kapitalmarktgeschäftes durchaus recruitmentaktiv.
eFC: In der Finanzkrise sind gerade Produkte aus dem Fixed Income-Bereich in Verruf geraten. Daher ist es verwunderlich, wieso von diesem Bereich der Aufschwung ausgeht. Woran liegt das und welche Bereiche im Fixed Income waren besonders gefragt?
Pudelko: Im letzten Jahr waren vor allem die einfachen Produkte gefragt. Wenn Sie da zum richtigen Zeitpunkt eingestiegen sind, dann konnten Sie mit einfachen Corporate Bonds mit einer hervorragenden Bonität 20 bis 30 Prozent Rendite machen – zumindest eine kurze Zeit lang. Die haben Sie vorher auch mit dem höchst strukturiertesten Produkt nicht bekommen.
eFC: Welche Auswirkungen hat diese Entwicklung auf den Arbeitsmarkt?
Pudelko: Wir haben gesehen, dass viele Professionals im Zuge der Abbauaktivitäten in 2008 trotz guter Leistungen ihren Job verloren hatten, in 2009 bereits wieder Angebote erhalten haben.
eFC: Gerade die strukturierten Produkte sind massiv unter Verruf geraten. Vor diesem Hintergrund: Für welche Spezialisierungen wird Personal gesucht?
Pudelko: Das waren hauptsächlich Sales-Funktionen, aber auch der Handel mit den sogenannten Plain Vanilla-Produkten wie Unternehmens- und Staatsanleihen, die an institutionelle Anleger wie Banken aber Kapitalanlagegesellschaften verkauft werden.
eFC: Wird sich der Trend im Fixed Income auch in 2010 fortsetzen?
Pudelko: In Deutschland ist Fixed Income eigentlich immer ein Trend. Denn ein Großteil der deutschen institutionellen Anleger investiert in Bond-Produkte. Wir sind ein Fixed Income-Land. Im letzten Jahr gingen die Aktivitäten sehr stark in Richtung der Banken. Dieses Jahr bemerken wir, dass sich viele Banken mit dem Thema Betreuung von Versicherungen und Pensionskassen befassen. Dieser Zielgruppe wird offensichtlich ein besonders hohes Potenzial zugetraut.
eFC: Werden somit mehr Spezialisten bei den Banken oder bei den Versicherungen gesucht?
Zühlke: Im Zweifelsfall erst einmal bei den Banken. Aber auch die Versicherer sind ständig dabei, sich weiter zu professionalisieren. Das ist ein Prozess, der schon seit vielen Jahren in Deutschland vonstattengeht.
eFC: Was heißt das?
Zühlke: Wir dürfen nicht vergessen, dass das Kapitalmarktgeschäft in der heutigen Form in Deutschland noch vergleichsweise neu ist und es nicht jedes Institut geschafft hat, sich über die letzten Jahre den Komplexitäten des Finanzmarktes mit dem angemessenen Personal zu nähern.
eFC: Wird eher im Junior- oder in Senior-Bereich gesucht?
Zühlke: Durch die Bank weg – das betrifft sämtliche Senioritätslevel. Wir haben – auch das ist ein gängiger Mechanismus in einem Downturn – Seniorkräfte verloren, die aus dem Geschäft ausgestiegen sind oder die Seiten gewechselt haben. Darüber hinaus tendieren die Banken dazu, zunächst einmal nach Headcount zu bereinigen und nicht unbedingt nach Kosten. Nach Headcount bereinigen heißt, dass sie denjenigen Mitarbeiter auf die Straße setzen, der ihnen – wie z.B. im Sales – am wenigsten bringt. Das ist dann oft der Junior; der ist erst ein paar Jahre dabei und hat noch keine wirklich relevanten Kundenkontakte aufbauen können. Das ist keine Industrie, die in schön regelmäßiger Form Nachwuchsgenerationen aufbaut, sondern uns fehlt fast immer der Nachwuchs.
eFC: Durch die starke Abhängigkeit der Finanzdienstleister vom Kapitalmarkt verhält sich das Geschäft sehr prozyklisch. Wir hatten die New Economy-Krise, wir haben jetzt die Finanzkrise mit jeweils erheblichen Auswirkungen auf den Arbeitsmarkt für Banker. Muss man damit nicht leben?
Zühlke: Ja, damit muss man leben. Ich weiß nicht, ob ein Umdenken stattgefunden hat, doch wir haben mit den G20-Rules ein klares Regelwerk, was die Bezahlung von Investmentbankern angeht. Vielleicht wird man künftig nicht gleich den Junior vor die Tür setzen. Denn in ein oder zwei Jahren sind seine Fähigkeiten wieder gefragt. Aber genau das ist in der Vergangenheit nicht so gewesen. So sehen wir jetzt wieder einen Markt, der nicht immer befriedigt werden kann mit dem bestehenden Personalangebot.
eFC: Was macht man da? Gibt es Chancen für Seiteneinsteiger?
Zühlke: Durchaus, gerade den Wechsel von der Kunden- auf die Bankseite beobachten wir immer wieder. Das ist wieder eine Marktphase, die Seiteneinsteiger begünstigt, da die Nachfrageseite aus bestehenden Positionen nicht 1:1 zu ersetzen ist. Somit müssen Personalberater durchaus einmal über den Tellerrand hinaussehen. Wo bekomme ich einen Mitarbeiter her, der das Profil nicht zu 100 Prozent erfüllt, aber zu 85 Prozent.
eFC: Fixed Income wird auch in 2010 ein Trend bleiben. Werden auch andere Bereiche nachziehen? Wo sehen Sie das größte Potenzial?
Zühlke: Das ist schwer zu sagen. Wir haben auch eine vergleichsweise stabile Nachfrage im Aktienbereich, weil eine Barclays Capital ein globales Equity aufbaut und eine Nomura in den Markt reingeht und Equities aufbaut. So etwas befruchtet einen Markt. Deshalb gehe ich davon aus, dass auch die Recruitments in Equities in diesem Jahr stabil bleiben und tendenziell noch zunehmen werden.
Von Florian Hamann