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Kleiner Lichtblick in düsterer Zeit

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Die Finanzkrise kostet viele Investmentbanker ihren Arbeitsplatz. Zumindest für einen Teil von ihnen tun sich nun aber neue Beschäftigungsmöglichkeiten auf — wenn auch in einem ganz anderen Geschäftsfeld.

Die Citigroup tut es. Unicredit tut es, die UBS tut es auch: Internationale Großbanken setzen derzeit Investmentbanker vor die Tür, teils massenhaft. Selbst der Branchenprimus Goldman Sachs, der bislang relativ unbeschadet durch die Finanzkrise kommt, will bis zu zehn Prozent aller Stellen abbauen. Bear Stearns und Merrill Lynch mussten bei anderen Häusern Unterschlupf suchen; der Konkurrent Lehman Brothers kippte gleich ganz um.

Harte Zeiten für Investmentbanker. Oder? Zumindest ein Teil von ihnen kann auf neue Beschäftigung hoffen. Banken stellen nämlich noch Investmentbanker ein. Allerdings zunehmend in anderen Geschäftsbereichen. Viele Institute sind dazu übergegangen, für Teile des Geschäfts mit sehr vermögenden Privatkunden (Private Wealth-Management) Mitarbeiter mit Investmentbanking-Hintergrund zu rekrutieren. Gefragt sind vor allem Banker mit Erfahrung in marktnahen Themen wie Börsengängen oder der Beratung bei Fusionen und Übernahmen.

Laut Can Toni Yilmaz, zuständig für den Bereich Finanzen bei der Personalberatung Michael Page in Frankfurt, hat dieser Trend bereits vor der Finanzkrise begonnen. Durch die Turbulenzen verstärkt er sich aber noch: „Auf beiden Seiten, bei den Banken und den Beschäftigten, wächst die Offenheit.“ Mit Blick auf die Krise seien viele Investmentbanker „jetzt gezwungen, über Alternativen nachzudenken“.

Die Hintergründe der Entwicklung sind vielfältig. Viele Investmentbanker bringen Qualifikationen und Sichtweisen mit, die dem klassischen Privatkundenberater oft fehlen. „Der traditionelle Private Banker ist es gewöhnt, sich um liquide Vermögenswerte zu kümmern. Er pflegt primär die Beziehung zum Kunden“, sagt Thomas Schwarze. Er leitet bei der Schweizer Großbank Credit Suisse den Bereich Unternehmensberatung für Deutschland, Österreich und Luxemburg.

Hier werden etwa Mittelständler betreut. Investmentbanker hingegen sind stark auf einzelne Transaktionen fokussiert. Und das ist gerade bei der Regelung der Nachfolge oder einem Verkauf eines Unternehmens gefragt. „Bei bestimmten Kunden, vor allem Unternehmern, braucht man beide Sichtweisen. Die beiden Gruppen ergänzen sich“, so Schwarze. Etwa die Hälfte seiner 17 Mitarbeiter hat einen Hintergrund im Investmentbanking; die Zahl soll weiter steigen.

Zudem sind die Hoffnungen vieler Institute enttäuscht worden, dass von Konkurrenten angelockte Privatkundenberater grundsätzlich zahlreiche Kunden und damit lukratives Geschäft mitbringen.
„In den vergangenen Jahren haben vor allem die großen Banken gestandene Kundenbetreuer von etablierten Adressen abgeworben. Dabei ist oft weniger herausgekommen als erhofft, das heißt, im Ergebnis wurden deutlich weniger Kunden mitgebracht als erwartet“, sagt Karin Schambach, bei Indigo Headhunters verantwortlich für Asset- und Wealth-Management. Investmentbanker hingegen sind oft hervorragend vernetzt und bringen wichtige Kontakte mit.

Doch nicht jeder von ihnen eignet sich aus Sicht der Institute für das Geschäft mit den sehr reichen Kunden. „Infrage kommen Investmentbanker, die vorher schon mittelstandsbezogen gearbeitet haben“, sagt etwa Schwarze. „Investmentbanker können hart arbeiten, sind intelligent und bringen Fach-Know-how mit. Oft fehlt es ihnen aber an der notwendigen Anlageerfahrung“, meint Bert Flossbach, Vorstand beim Vermögensverwalter Flossbach & von Storch.

Bislang waren zudem viele nicht bereit, ins Private Wealth-Management zu wechseln. Die deutlich niedrigere Vergütung ist dabei nur ein Grund. „In der Regel findet ein Investmentbanker sein Geschäft spannender“, sagt Schambach. „Wenn sie im Bereich Investment arbeiten wollen, gehen sie eher zu Hedge-Fonds“, meint Flossbach.

Viele Experten glauben aber, dass sich die Banker im Zuge des massiven Stellenabbaus umorientieren könnten. „Die derzeitige Krise im Investmentbanking könnte die Perspektiven im Private Wealth-Management wesentlich interessanter machen“, sagt Friedrich-Wilhelm Graf von Pfeil, Senior Client Partner der Personalberatung Korn/Ferry. „Kompetente Kandidaten mit der erforderlichen Sozialkompetenz und vorzugsweise bereits mit einem entsprechenden Kontaktnetz werden immer wieder gesucht.“

 

Von Christine Mai

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