Recruiter-Roundtable 2010: Krise abgehakt, Headhunter können wieder lachen
Der Recruitmentmarkt hat sich in 2010 deutlich belebt
„Wir werden heute keine unglücklichen Gesichter an diesem Tisch sehen“, so brachte Andreas Krischke von Indigo-Headhunters das Geschäft in der Recruitment-Branche auf den Punkt. Während beim ersten eFinancialCareers-Roundtable auf dem Höhepunkt der Finanzkrise im Frühjahr 2009 noch alle Teilnehmer die Köpfe hängen ließen, dominierten beim zweiten eFC-Roundtable Ende Oktober in Frankfurt fröhliche Gesichter. „Damals herrschte bei der Mehrheit der Berater die Auffassung, es geht ums nackte Überleben. Aber es ist ganz anders gekommen“, erinnert sich Patrick Riske von Fricke Finance & Legal.
Besonders intensiv wurden in 2010 für vertriebsorientierte Positionen, die sogenannten Sales, gesucht. Auch im Asset Management sprang die Nachfrage im zweiten Quartal an. Dabei waren vor allem ausländische Adressen verstärkt auf dem deutschen Markt unterwegs. Die Beratungsbranche suchte ebenfalls händeringend nach Personal.
Dennoch hätte die Angst und damit auch die Vorsicht in der Branche zugenommen. Die Folge seien deutlich längere Beratungszeiten – womit die gesamte Abwicklung einer Vermittlung sich in die Länge ziehe.
Krise hat das Gehaltsniveau nicht einbrechen lassen
Einen Einbruch bei den Vergütungen in der Branche wurde nirgends beobachtet. Als Lehre aus der Krise haben große Häuser wie die Deutsche Bank indes die Festgehälter zu Lasten der Bonuszahlungen erhöht, die überdies zeitlich verzögert ausgezahlt werden. Obgleich diese Regelungen auch in Deutschland keineswegs branchenweit umgesetzt worden seien, sehen einige Roundtable-Teilnehmer diesen Trend mit gemischten Gefühlen.
„Ich weiß nicht, ob sich die Banken damit einen Gefallen tun“, meinte Krischke. Denn durch die höheren Festgehälter gebe man eine wichtige „Stellschraube“ auf, die beim Downgraden hilfreich sei. Denn falls das Geschäft schlecht laufe, könnten Bonuszahlungen gekappt werden.
Auch Krisenbanken finden problemlos Personal
HRE, IKB, Commerzbank und die meisten Landesbanken haben in der jüngsten Vergangenheit wahre Höchstleistungen in der Produktion negativer Schlagzeilen vollbracht. Trotz des schlechten Images können diese Häuser auch weiterhin anheuern. „Ich bin positiv überrascht, wie einfach das ist“, sagte Riske. Selbst die schlimmsten Mitverursacher der Krise blickten kaum aufs Geld.
„Das ist die Risikoprämie für die Mitarbeiter“, ergänzte Mike Boetticher von match personalberatung. Laut Riske ist das Risiko für die Arbeitnehmer, bei Skandalbanken zu arbeiten, überschaubar. Der Staat habe klar signalisiert, kein Institut in die Insolvenz gehen zu lassen. So manche Banker sehen sogar eine Chance darin, sich durch die Krisenbewältigung bei einer angeschlagenen Bank einen Namen zu machen.
Nesthocker unerwünscht: Wer zu lange in einer Position arbeitet, verliert Flexibilität
Früher galt eine lange Unternehmenszugehörigkeit als Ausweis von Qualität, während ein Jobwechsel kritisch beäugt wurde. Diese Einstellung scheint sich sukzessive zu wandeln. „Die Loyalität zu den Unternehmen sinkt“, beobachtet Boetticher.
Durch den gelegentlichen Wechsel des Jobs oder auch der Position innerhalb eines Unternehmens beweisen Arbeitnehmer Flexibilität. „Wenn jemand 15 Jahre auf einer Position festsitzt, dann ist dies nicht zu erwarten“, bemerkte Krischke. „Daher ist es wichtig, dass die Arbeitnehmer in Bewegung bleiben und sich auf neue Situationen einstellen“, ergänzte Boetticher.
Londoner Headhunter drängen vergeblich auf deutschen Markt
Kritisch sahen die Teilnehmer am Roundtable die Tendenz vieler international tätigen Rercruitment-Unternehmen von England aus auch den deutschen Markt zu bearbeiten. „Die Banken zentralisieren aus Kostengründen ihr HR-Recruiting-Business in London und senden für den deutschen Markt britische Headhunter los“, beobachtet Dirk Albütz von Heads. „Man kann nicht von England aus eine Position in Deutschland besetzen.“
Dabei sei der kulturelle Unterschied der Insel zu Zentraleuropa gewaltig. „In UK wird Headhunting als Vertriebsgeschäft gesehen und nicht als Beratungsgeschäft wie in Deutschland. Das lässt sich nicht 1:1 übertragen“, ergänzt Gunnar Belden von Badenoch & Clark.
Laut Albütz müssten die Recruiter heute ganz nah an den Kandidaten bleiben. Vor drei oder vier Jahre sei das noch anders gewesen.
Verhalten positive Erwartungen für 2011
Verhalten positiv blicken die deutschen Headhunter in die Zukunft; allerdings werde es keinen klaren Trend geben. „Es wird kein Boomjahr wie 2007“, prognostizierte Krischke.
Regulierungsthemen, Basel III und Solvency II würden auch weiterhin für den Arbeitsmarkt eine Rolle spielen. Aufgrund des anhaltenden Restrukturierungsbedarfs – wie z.B. bei der anstehenden Konsolidierung der Landesbanken – würden Berater gefragt bleiben. Laut Aleksander Montalbetti von Montalbetti Associates sind allein bei der Commerzbank etwa 2000 externe Berater im Einsatz. Dies zeige, welches Potenzial hier noch bestehe. Überdies rechnet Montalbetti damit, dass das Geschäft mit der Unternehmensfinanzierung wieder anlaufen werde.
„Wichtig ist es, sich den Bedürfnissen der Kunden anzupassen“, meinte Dorothea Friebe von Huxley Associates. Diese Lehre habe man aus der Finanzkrise ziehen können. „Selbst zu Hochzeiten der Finanzkrise 2009 gab es in den Banken massiven Einstellungsbedarf in einzelnen Fachbereichen.“ Als Personalberatung sei es noch wichtiger, die Situationen der einzelnen Häuser zu kennen und zu verstehen. „Wer aufgrund der Marktsituation die Einstellungebedürfnisse der Häuser erkennt, braucht sich auch in schlechten Zeiten keine Sorgen zu machen.“
Laut Albütz liege ein Schlüssel darin, den Bedarf des Kunden zu erkennen: „Für Recruiter ist nicht nur wichtig, wie läuft die Branche, sondern auch wie gut kenne ich die Branche.“
Von Florian Hamann