Zerstört der Fall Adoboli alle Träume vom Aufstieg ins Frontoffice?
Im Investmentbanking herrscht eine klare Hackordnung zwischen Front-, Middle- und Backoffice. Laut Tim Zühlke, der bei Indigo Headhunters in Frankfurt das Recruitment für das Kapitalmarktgeschäft verantwortet, können die Vergütungen im Frontoffice durchaus das Zwei- bis Dreifache des im Middleoffice Üblichen betragen. Mithin verwundert es kaum, dass viele Mitarbeiter davon träumen, vom Middle- ins Frontoffice aufzusteigen.
Adoboli und Kerviel gelang der ersehnte Aufstieg
Der UBS-Trader Kweku Adoboli zählt zu den Glücklichen, denen der Aufstieg gelungen ist. Der 31jährige arbeitete im Bereich Delta One der UBS in London. Dort werden aus Derivaten Basiswerte synthetisch nachgebaut, um beispielsweise die Entwicklung des DAX möglichst exakt zu tracken. Die dabei auftretenden Risiken werden mit Absicherungsgeschäften gehegdt.
Doch dies hat Adoboli offenkundig unterlassen. Da Adoboli vorher in der Abwicklungsabteilung, im Middleoffice, tätig war, konnte der junge Trader Absicherungsgeschäfte vortäuschen und somit viel größere Risiken eingehen als ihm eigentlich erlaubt war. Dabei nutzte Adobili laut dem Handelsblatt einen Trick: So werden ETF-Geschäfte teilweise nicht beim Trade, sondern erst bei der formalen Abrechnung – zum Teile Monate später – bestätigt. Auf diese Weise konnte Adoboli Absicherungsgeschäfte vortäuschen, die so nie existierten.
Erst seine Middleoffice-Kenntnise ermöglichten es Adoboli also, der UBS einen Verlust von 2,3 Mrd. Dollar einzubrocken. Dies weist erstaunliche Parallelen zum Fall Jérôme Kerviel auf, der die Société Générale im Januar 2008 um sogar 4,9 Mrd. Euro erleichterte. Auch bei Kerviel handelte es sich um einen Aufsteiger aus dem Middleoffice.
Aufstiege stellten schon bisher eine Ausnahme dar
Dabei stellen Aufstiege aus dem Middleoffice eine Ausnahme dar. “Viele Middleoffice-Mitarbeiter wollen ins Frontoffice aufsteigen, aber das gelingt nur wenigen”, sagt Zühlke. Der Headhunter schätzt, dass vielleicht einem von zehn dieser Schritt gelingt.
“Die Ausbildung ist halt zu unterschiedlich”, betont Zühlke. Frontoffice-Mitarbeiter hätten üblicherweise eine renommierte Hochschule wie die Uni Mannheim oder die London School of Economics absolviert und seien anschließend über ein Traineeprogramm ins Investmentbanking eingestiegen.
Die gleiche Beobachtung hat auch ein anderer Frankfurter Headhunter gemacht, der ungenannt bleiben möchte. “Schauen Sie sich die unterschiedlichen Werdegänge an. Im Frontoffice sind die Lebensläufe relativ 1a. Wenn die Leute im Middleoffice landen, dann hat das seine Gründe. Die Leute sind einfach nicht so hoch qualifiziert”, sagt der Executive Search-Profi. Dort sei ein Studium erwünscht aber nicht Pflicht.
Zühlke glaubt nicht, dass der Fall Adoboli die Chancen auf einen Aufstieg aus dem Middle- ins Frontoffice wesentlich verändern wird. Denn diese wären auch in der Vergangenheit schon schlecht gewesen.
“Es gibt keinen klaren Karriereweg vom Middle- ins Frontoffice. Es war immer schon eine Ausnahme und es wird auch in Zukunft Ausnahmen geben. Ich weiß nicht, ob es einen Einfluss der Geschehnisse der UBS darauf geben wird”, ergänzt der namentlich ungenannte Headhunter.
Von Florian Hamann