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RoundTable 2012: Zwischen Aufbruch und Krise: Die besten Jobs und die aktuellen Arbeitsmarkt-Trends in Deutschland

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Zwischen Aufbruch und Krise, so lässt sich die Stimmung beim eFinancialCareers Headhunter-Roundtable 2012 in Frankfurt zusammenfassen. Dort haben führende Recruitment-Experten für den Bereich Finanzdienstleistungen die derzeit herrschenden Trends auf dem Arbeitsmarkt diskutiert. Wir haben die wichtigsten Punkte – trotz gelegentlich divergierender Meinungen – zusammengefasst:

Nur die nötigsten Profile werden besetzt

„Die Banken sind derzeit bei der Besetzung von Stellen noch sehr zurückhaltend. Die Institute halten die Luft an bis zu den Wahlen in Griechenland. Wenn dann – abgesehen von der bereits eingepreisten Griechenlandpleite – nichts weiteres hinzukommt, dann kann die Nachfrage im zweiten Halbjahr wieder ansteigen,“ berichtet Stephan Busch, Account Manager Banking & Finance bei Huxley Associates in Frankfurt. Daher würden derzeit nur die absolut notwendigsten Positionen bei Banken besetzt.

Die Stellen werden bevorzugt intern vergeben

Besonders ungünstig für Recruiter und externe Bewerber: Laut Busch werden vakante Positionen derzeit besonders gerne intern besetzt. Dort herrsche das Motto: „Ist es irgendwie machbar, im gesamten Konzern einen Internen zu finden, um die Stelle zu besetzen?“

Im Investmentbanking sind sehr viele gute Profile unterwegs

Im Investmentbanking beobachtet Andreas Krischke von Indigo Headhunters auch weiterhin eine Zurückhaltung vor allem bei den global agierenden Banken. „Es sind sehr viele gute Profile unterwegs, die vor neun Monaten noch rasch weggegangen wären und jetzt Schwierigkeiten haben, einen passenden Job zu finden“, sagt Krischke. Dies liege nicht an den Personen, sondern an der schwierigen Marktphase. Für wechselwillige Investmentbanker hat Krischke daher folgenden Rat parat: „Wenn Sie mit Ihrer derzeitigen Position unzufrieden sind, dann sollten Sie auf die zweite Jahreshälfte warten.“

„Es herrscht ein starker Wettbewerb um gute Kandidaten“

Dagegen geht es laut Thomas von Ciriacy-Wantrup von Fricke Finance & Legal – zumindest jenseits des Investmentbankings – wieder aufwärts. „Es besteht durchaus eine hohe Nachfrage nach Kandidaten und die Bewerber können sich auch wieder zwischen zwei Offerten entscheiden,“ beobachtet der Headhunter. „Das ist ein gutes Zeichen. Aber von einer Euphorie sind wir noch weit entfernt“, ergänzt von Ciriacy-Wantrup. „Es herrscht ein starker Wettbewerb um gute Kandidaten.“ Dies gelte ganz besonders für Bewerber mit einer Berufserfahrung von drei bis fünf Jahren.

Alle Banken konzentrieren sich auf ihr Kerngeschäft

„Alle Banken überlegen sich derzeit, was zu ihrem Kerngeschäft gehört und bauen Randbereiche ab“, sagt Krischke. Entsprechend sollten Kandidaten darauf achten, welche Gebiete bei den jeweiligen Banken zum mittel- und langfristigen Geschäftsmodell zählen. Allerdings beobachten die Investmentbanking-Kandidaten diese Entwicklung bereits sehr genau. „Die Gehälter haben heute keine oberste Priorität. Vielmehr achten die Kandidaten auf die langfristige Perspektive,“ ergänzt Krischke.

Kapitalmarktexperten haben bei den Kapitalanlagegesellschaften der Versicherungen Chancen

Der Arbeitsplatzabbau in Capital Markets bei vielen Großbanken stellt für so manche Versicherung eine Verlockung dar. „Die Kapitalanlagegesellschaften der Versicherungen versuchen die Situation zu nutzen, um gutes Personal zu rekrutieren, sofern die Kandidaten zu ihren Bedürfnissen passen“, beobachtet Mike Boetticher von match personalberatung, der vor allem Stellen bei Versicherungen vermittelt. Dies gelte sowohl für Equities, Fixed Income und Real Estate, in das die Versicherungen jetzt verstärkt investieren.

Dabei handle es sich jedoch nicht um einen großen Personalaufbau, sondern um selektive Einstellungen. Bei den KAGs der Versicherungen würden die Gehälter indes bis zu 30 Prozent geringer als bei Banken ausfallen.

Bei M&A sind Associates und Vice Presidents gesucht

Trotz der eher bescheidenen Auftragslage gibt es im M&A durchaus Chancen. Laut Sabrina Tamm von financial talents nutzen auch manche Banken die aktuelle Marktlage, um gutes Personal anzuheuern. „Besonders die internationalen Häuser und die Boutiquen stellen ein“, ergänzt Tamm. Dabei würde von Juniors bis Vice Presidents gesucht. „Associates sind immer gefragt. Außerdem gibt es im Markt nur wenige Vice Presidents, die die Voraussetzungen und den Trackrecord für globale Banken mitbringen“, betont Tamm.

Gehälter unter Druck, weshalb die Kandidaten nicht wechseln wollen

„Durch die Rückkehr der Krise sind die Gehälter unter Druck geraten“, beobachtet Stefanie Storck von Euro London Appointments in Frankfurt. „Die Kandidaten bezweifeln, ob sie bei einem Wechsel genauso viel Geld wie bei ihrem alten Arbeitgeber erhalten würden“, ergänzt Storck. Zusammen mit der herrschenden Unsicherheit würde dies ganz erheblich auf die Wechselwilligkeit der Kandidaten drücken.

Immer mehr Kandidaten lehnen ein bestehendes Angebot ab

Die unsichere Situation auf der Arbeitsmarkt und die schwindende Wechselwilligkeit von Kandidaten hat noch eine weitere Konsequenz: „Seit etwa einem halben Jahr beobachten wir, dass immer mehr Kandidaten eine bestehende Offerte ablehnen“, berichtet ein Headhunter, der namentlich nicht genannt werden möchte. „Viele Leute bewerben sich anscheinend nur, um ihren aktuellen Marktwert zu prüfen und ggf. von ihrem aktuellen Arbeitgeber ein Gegenangebot zu erhalten“, schätzt der Headhunter.

SAP-Experten sind heiß begehrt

Die Postbank zählt zu den ersten Instituten, die SAP für klassische Bankanwendungen verwendet. Dagegen war SAP bei Banken in der Vergangenheit vor allem in Randbereichen wie z.B. der Personalverwaltung im Einsatz. Doch jetzt will auch die Deutsche Bank – als Mutterkonzern der Postbank – auf SAP umsteigen. „Daher sind derzeit SAP-Experten sehr gesucht“, beobachtet Busch. Bei Contractors gibt es derzeit einen Downturn – doch das muss nicht lange anhalten

Laut Busch komme es bei den Banken regelmäßig vor, dass externe Mitarbeiter – sogenannte Contractors – eingespart würden. Derzeit seien wieder viele Banken dabei, die Kosten zu drücken, weshalb die Vermittlung von Zeitarbeitskräften schwierig sei. Dennoch rät Busch Betroffenen, den Kopf nicht hängen zu lassen. Nach langjähriger Erfahrung würden viele Leute, deren Verträge nicht erneuert wurden, einige Monate später wieder an Bord geholt.

In Compliance und Controlling geht immer etwas

„In Compliance und Controlling wird immer gesucht“, fährt Storck fort. Falls hierzu noch IT-Kenntnisse hinzukommen, wäre dies ideal. Dabei würden vor allem die Consulting-Branche nach derartigen Profilen suchen. Dies gelte sowohl für die Big 4 als auch für kleinere Wirtschaftsberatungs-Unternehmen.

 

Von Florian Hamann

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