Man schrumpft sich gesund
Aktuellen Berechnungen zufolge fiel das M&A-Volumen in Deutschland bis Mitte Mai im Vorjahresvergleich um zwei Drittel. Das verheißt schlechte Zeiten für M&A-Spezialisten.
„Gerade bei den Bulge Brackets herrscht derzeit Zurückhaltung bei Neueinstellungen“, weiß Andreas Krischke, Gründungspartner der Personalberatung Indigo Headhunters. In den großen Banken herrsche derzeit überwiegend ein Hiring Freeze. Statt von Bemühungen um neues Personal ist die aktuelle Situation bei den Großen der Branche eher durch Personalabbau geprägt – allerdings weitgehend geräuschlos. Von größeren Entlassungswellen blieb der deutsche Markt bisher weitestgehend verschont. „Darüber hinaus profitieren die Banken von der natürlichen Fluktuation“, so Krischke weiter. „Man schrumpft sich gesund“.
Diese Fluktuation geht immer öfter in Richtung kleinerer M&A-Boutiquen und -Banken. „Waren früher Wechsel von einem kleinen zu einem großen Arbeitgeber der fast zwangsläufige Karriereschritt ist es heute genau umgekehrt“, erklärt Krischke. Nicht selten führt der Wechsel die Banker zurück zum alten, kleineren Arbeitgeber, der seinen Arbeitgeber kennen- und schätzen gelernt hat. Möglich ist diese Entwicklung, da die Finanzierung kleinerer und mittlerer Deals am Markt aktuell leichter untergebracht werden können als die ganz großen Merger, für die großen Banken in der Regel gebraucht werden. So stellt sich der Deal Flow in den kleineren Häusern häufig besser dar. Zudem nutzen die kleineren Marktteilnehmer das insgesamt sinkende Gehaltsniveau der Deal-Profis. „Insbesondere werden in vielen Häusern keine Bonus-Garantien mehr ausgesprochen“, weiß Krischke.
Doch es gibt durchaus Hoffnung, dass das Schrumpfen in den M&A-Teams am Ende tatsächlich gesund ist: „Wir beobachten weniger einen grundlegenden Vertrauensverlust im M&A-Markt als vielmehr ein verändertes Kräfteverhältnis“, so Alexander Roos, Partner bei der Boston Consulting Group. „Allerdings könnten sich die Finanzinvestoren mit einem derzeit nach Anlagemöglichkeiten suchenden Kapital von über 300 Milliarden US-Dollar schnell wieder im M&A-Markt zurückmelden – auch wenn der Fremdfinanzierungsanteil niedriger sein wird als noch vor einem Jahr.“